StrahlenTelex [ Bericht Nr. 23 des Otto Hug Strahleninstitutes ]

 









 

 

Bericht Nr. 23 des Otto Hug Strahleninstitutes, ISSN 0941-0791

Gesellschaft für Strahlenschutz e.V. (GSS) Berlin, Bremen 2002, 40 Seiten, EURO 5,oo.

Brustkrebsfrüherkennung Ja, Reihenuntersuchung mit Mammographie Nein!

Abschied vom Wunschdenken, Nachdenken über neue Strategien

Thomas Dersee, Helga Dieckmann, Wolfgang Köhnlein, Horst Kuni, Edmund Lengfelder, Sebastian Pflugbeil, Inge Schmitz-Feuerhake

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Inhalt

Zusammenfassung

Autorinnen und Autoren

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Inhalt:

Das Brustkrebsproblem

Misserfolge bisheriger Programme

A Das kanadische Nationalprogramm

B Kritik aus Schweden

C Der Cochrane-Review vom Oktober

Falsch-negative und falsch-positive Befunde

Zur Diskussion der Brustkrebsursachen

Die Unterschätzung des Strahlenrisikos

Strahlenvermeidung bei genetischer Disposition

Kosten des Mammographiescreenings

Das kanadische Konzept: angeleitete Selbstuntersuchung

Echte Vorsorge und Früherkennung

A Einschränkung des Oberkörperröntgens

B Forschung zur Östrogenersatztherapie

Empfehlungen der Gesellschaft für Strahlenschutz

Referenzen (Literatur)

Anhang: Tabelle über Brustdosen bei Röntgenuntersuchungen

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Zusammenfassung

Die Auffassung, dass durch Mammographie-Reihenuntersuchungen (Screening) die Sterblichkeit an Brustkrebs und damit die allgemeine Sterblichkeit von Frauen in nennenswerter Weise gesenkt werden kann, hält einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand. Dies ist das Ergebnis der von Olsen und Gøtzsche im Oktober 2001 publizierten Untersuchung des renommierten Nordischen Cochrane-Centers in Kopenhagen, das die seit 1963 in verschiedenen Ländern durchgeführten Screeningprogramme bewertet.

Die Screeningprogramme werden von Olsen und Gøtzsche unter qualitativen Gesichtspunkten gewichtet: Eine wesentliche Stütze ihres Ergebnisses bildet das seit 1980 laufende nationale Screening in Kanada, in dem die Untersucher und Untersucherinnen selbstkritisch zu einer ablehnenden Haltung kommen: In der Gruppe der 40-49jährigen bei Eintritt in das Programm stellten sie sogar mehr Todesfälle in der gescreenten Gruppe fest als in der Kontrollgruppe. In der Gruppe der 50-59jährigen bei Eintritt wurden zum Vergleich Frauen herangezogen, die eine Unterweisung in der Selbstuntersuchung erhielten aber keine Mammographie. Das Ergebnis für diese Altersklasse war, dass im statistischen Mittel beim Vergleich mit der Abtastgruppe ebenfalls keine Senkung der Sterblichkeit durch Mammographie zu verzeichnen ist.

Das kanadische Untersuchungsteam empfiehlt seitdem mit großem Nachdruck den Verzicht auf das Mammographiescreening und stattdessen die gezielte Früherkennung durch Selbstuntersuchung nach professioneller Anleitung. Den Nutzen regelmäßiger Selbstuntersuchungen haben sie selbst und andere Untersucher überprüft und bestätigt.

Als weiterer Vorteil des Mammographiescreenings gilt die Erreichung eines höheren Anteils brusterhaltender Therapien. Hier kamen Olsen und Gøtzsche zu dem überraschenden Ergebnis, dass dieses Ziel in den Mammographiegruppen ebenfalls nicht erreicht wurde. Im Gegenteil ergab sich, dass in den gescreenten Gruppen mehr Brustamputationen und radikalere Therapien durchgeführt wurden als in den Kontrollgruppen.

Eine Erklärung für diese negativen Resultate liefern die Autoren nicht. Wenn Mammographie nachweislich eine effiziente diagnostische Methode zur Erkennung von Brustkrebs ist, dann muß es Gründe für die fehlende Wirksamkeit des Screenings im Hinblick auf die Sterblichkeit geben. Die plausible Erklärung liegt darin, dass durch die Reihenuntersuchung selbst Schäden gesetzt werden. Röntgenstrahlen erzeugen nachweislich Brustkrebs und ihre Wirkung wurde in der Vergangenheit zweifellos unterschätzt.

Ein bislang unbeachteter Aspekt bei der Propagierung des Screenings ist die sehr hohe Strahlenempfindlichkeit genetisch prädisponierter Frauen (5-10 Prozent der weiblichen Bevölkerung), auf die in Deutschland Frankenberg und Mitarbeiter, Universität Göttingen, hinweisen. Frauen mit familiärer Disposition dürfen nicht mehrfach im Rahmen eines Screenings geröntgt werden. Auch wegen dieser empfindlichen Untergruppe in der Bevölkerung verbietet sich Mammographie als Reihenuntersuchung!

Der Hoffnung, durch verbesserte Qualitätsanforderungen bei der Mammographie - und damit erhöhter Treffsicherheit der Diagnose - bei gleichzeitiger Dosisminderung den Nutzen des Screenings in Zukunft zu verbessern, ist neben den hohen Kosten auch das erhebliche Präventionspotential gegenüberzustellen, das sich in den enormen Unterschieden der Brustkrebssterblichkeit weltweit und auch innerhalb der nationalen Gesellschaften ausdrückt. Diese werden auf unterschiedliche Lebensweisen (lifestyle) zurückgeführt und sind größer als der auch von Optimisten für erreichbar gehaltene Nutzen des Mammographiescreenings.

Echte Vorsorgemaßnahmen beim Brustkrebs, die einen großen Effekt erwarten lassen, sind die Vermeidung von Strahlenbelastungen besonders in jüngerem Alter und die Einschränkung von Östrogenersatztherapien. Maßnahmen zur Früherkennung sind außer durch die angeleitete Selbstuntersuchung durch Ultraschalluntersuchungen und Kernspintomographie gegeben.

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Autorinnen und Autoren:

Dipl.-Ing. Thomas Dersee, geb. 1947, ist Journalist in Berlin und Herausgeber der Monatsschrift Strahlentelex.

Dr. med. Helga Dieckmann, geb. 1951, MPH, ist Ärztin im Öffentlichen Gesundheitsdienst und lebt in Reppenstedt bei Lüneburg.

Dr.rer.nat. Wolfgang Köhnlein, Münster, geb. 1932, Universitätsprofessor i. R., ist Mitglied der Strahlenschutzkommission des Bundesumweltministers und des Wissenschaftlichen Komitees der Vereinten Nationen zur Wirkung von Atomstrahlung (UNSCEAR).

Prof. Dr. med. Horst Kuni, geb. 1938, Nuklearmediziner, lehrt am Universitätsklinikum der Philipps-Universität Marburg und ist Ermächtigter Strahlenschutzarzt.

Prof. Dr.med. Dr. h.c. Edmund Lengfelder, geb. 1943, lehrt an der Maximiliansuniversität in München am Institut für Strahlenbiologie.

Dr.rer.nat. Sebastian Pflugbeil, geb. 1947, ist Medizinphysiker in Berlin und Präsident der Gesellschaft für Strahlenschutz.

Dr.rer.nat. Inge Schmitz-Feuerhake, geb. 1935, ist Universitätsprofessorin für Medizinische Physik i.R. und lebt in Bremen.

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Strahlentelex
ISSN 09314288

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